Gantry 5
  1. Eine Befreiungsbewegung besteht aus einem meist kolonial frustrierten Führer mit einer Ideologie, die von Beginn weg fundamentalistisch und absolut sein musste, um mit seinen Anhängern durchzuhalten. Diese Ideologie kreist einfach um das NON, um das LOS VON, aber nie Gedanken über das Danach, keine Konzepte, und so musste es kommen, wie es kam: Fortsetzung des Vorherigen und des Kolonialismus in einheimischer Hand.


     
  2. Um keine Verunsicherung aufkommen zu lassen, gibt es nur ein Ziel - den gnadenlosen Kampf; es geht strikt militärisch zu und her; hinterfragt darf nichts werden, sonst könnte die Bewegung eventuell auseinanderfallen. Sie tat es ohnehin, denn wir beobachten, dass praktisch von jeder Befreiungsbewegung es bald Abspaltungen gab. Meistens ging es um die Führung, die Ideologie war einfach Rechtfertigungszusatz, z.B. ob Pan oder national.


     
  3. Vor nachdenklichen Menschen im Trupp hat der Führer Angst, weil sie mit der Zeit zuviel hinterfragen und Unsicherheit ins Ganze bringen könnten.


     
  4. Jede Befreiungsbewegung baut sich auf Dualismus auf, d.h. es gibt bloss zwei Seiten, zwei klare und eindeutige Fronten, die der Befreier und der Unterdrücker mit dem Schluss: Schwarz ist gut, Weiss ist böse. Oder: alle anderen sind kolonial nur wir nicht.
     
  5. Unterdrücker sind die anderen und alle, die nicht zur Bewegung gehören. Wer der Bewegung beitritt reinigt sich automatisch und verliert das Mal des Unterdrückers. Dass es auch Machtgefälle in der Bewegung gab, darüber herrschte Schweigen. Die Betroffenen nahmen an, dass dem in einem Befreiungskampf so sein muss. Zudem schloss Befreiung niemals mehr als ein Datum ein, nichts von Kampf gegen Feudalismus oder gar eine Erneuerung der Hierarchien in Richtung sanfter  Demokratie. Es ging um alles oder nichts; doch was war dieses Alles.


     
  6. Man verallgemeinert, differenziert nicht mehr, sieht alles nur durch diesen Filter und wird nach und nach Opfer dieses Rasters.


     
  7. Die tragische Konsequenz davon war der Mord von Europäern, etwa Missionaren, die auf der Seite der Befreiung und Entkolonisierung standen. Da die Befreier nicht wahrhaben konnten, dass es Gute auch auf der anderen Seite gab, wurden ausgerechnet die engagierten Weissen ermordet. Dennoch hiess es meist blind auf Missionarsseite: „Das kann doch nicht wahr sein!“ Selbst die „Weissen“ nahmen an, dass es fanatische und verbitterte oder kommunistische Weisse waren.
     
  8. Die Befreiungsbewegungen waren und sind auf rassistischer Grundlage aufgebaut; dementsprechend handelten sie auch später stark  rassistisch. Man konnte sich weder Weisse noch Mischlinge, weder Asiaten noch Juden als Teil dieser Befreiung vorstellen. Es gab zwar immer wieder Ausnahmen, etwa beim ANC dank der breiteren Basis von Gewerkschaftern, Kommunisten und den Leuten aus der Jugendliga.



 

Umkreisung des Grundproblems und immer wieder dasselbe: es fehlte


  1. an einer analytischen Grundlage
  2. an einem Konzept, und eventuell
  3. auch an möglichen Verhandlungen zuerst einmal zusammen mit den Einsichtigen und Wohlgesinnten.



Allein findet keine Befreiung statt. Die alte afrikanische Kunst des Palavers existierte nicht mehr.



Viele Europäer wussten, dass das Ende des Kolonialismus gekommen war. 
Doch die Schwarzen kamen, um für Waffen und nicht für eine Kompromisslösung zu ringen. Sie gingen zu sehr von der Waffe aus.