Gantry 5


In Westafrika kam es zu keinem verbissenen Widerstandskampf.  Die Goldküste (später Ghana) und Nigeria galten als Musterkolonien. Beide kriegten viele Privilegien, allem voran eine Universität mit grosser Ausstrahlung auf die Intellektuellen.



Im Osten war Uganda eine Lieblingskolonie. An der Universität Makerere/Kampala trafen sich fast alle ostafrikanischen Literaten; Sie sahen das Wort als wirksame Waffe an, selbst so kämpferische Typen wie der Kenyaner Ngugi wa Thiong’o oder der Ugander Taban lo Liyong (später Minister im Südsudan). Der mörderische Mau Mau Krieg und die diktatorischen Folgen liessen Menschen aufschrecken; sie hatten begriffen, dass man den Anfängen wehren soll. Erziehung wurde stärker als in anderen Kolonien eingesetzt.



Das Hauptfeld der Befreiungsorganisationen liegt im südlichen Afrika.
Allgemein kann festgestellt werden, dass die Kolonialisten in den grossen Siedlerländern (Kenya eingeschlossen) derart unvernünftig und verkrampft an ihrem einst geraubte Land festhielten, sodass es zum Konflikt kommen musste.



Kenya

Der Mau Mau Aufstand begann 1952 und dauerte bis 1955.Er war angeführt von Jomo Kenyatta. Aus der Kampftruppe entstand 1960 die KANU (Kenya African National Union), die bis 1991 als Einheitspartei ohne Oppositionsparteien blieb. Dann kamen aus dem Untergrund die KADU, die Kenya African Democratic Union, und KPU, Kenya People’s Union, dazu. Unter Kenyatta wurde jeder Widerstand ausgemerzt; so wurden Mboya und Kariuki als Oppositionsführer ermordet; Odinga, der Luoführer, hatte Glück und kam „nur“ ins Gefängnis. 1993 veröffentlicht Maina wa Kinyatti nach viel Archivarbeit das Buch Mau Mau: A Revolution Betrayed . Daraus zwei Zitate. „Kenyatta’s leadership vigorously campaigned against the former Mau Mau freedom fighters…” Und  “The KANU-Kenyatta regime became extremely intolerant and sensitive to criticism.” Meine Hypothese wird durch Maina voll bestätigt, denn er weist nach, dass KANU-Kenyatta die Grausamkeit und Unterdrückung die der Engländer auf jeder Ebene bei weitem übertraf.



Uganda

wurde 1962  mit Milton Obote, einem krankhaft verschlagenen Politiker, unabhängig. Befreiungsbewegungen im traditionellen Sinn gab es nicht, seit 100 Jahren schon htten sich verschiedene Volksgruppen gegenseitig und auch innerhalb bekämpft: es handelte sich vor allem um die Muganda, Langi, Acholi, Iteso, u.a. Uganda gilt als eines der schrecklichsten Länder Afrikas. Idi Amin ist nicht einmal der Höhepunkt. Während der 2. Phase (beginnend 1980) Obotes wurden etwa 200'000 Menschen allein im Luwero-Dreieck innerhalb zweier Jahrzehnte umgebracht. Ganz Uganda lebte mehr als ein Jahrzehnt von gegenseitigen Abrechnungen und brutalen Niedermetzelungen. Präsident Yoweri Museveni versuchte nach aussen ein neues Bild von Uganda zu geben, wobei ihm die USA helfen sollten. Der Friede ist bis heute nicht eingekehrt; ein Grenzkrieg mit Sudan hält an. Am Rande bekämpfen sich noch immer radikale Gruppen. Uganda war wesentlich in Rwanda involviert; der nach dem grossen Morden neue Präsident Kagame kam von Uganda.



Tanzania

erlebte wohl den friedlichsten Übergang in die Unabhängigkeit dank der weisen Politik von Mwalimu (=Lehrer) Julius Nyerere, der 1954 die TANU (Tanganyika African National Union) gründete. Ihm gelang es Tanganyika und Zanzibar zum Staat Tanzania 1964 zusammen zu bringen. Aus der TANU wurde nun CCM (Chama cha Mapinduzi = Partei der Revolution). Es gab etlichen Widerstand unter den Muslimen Zanzibars. Karume, der sich mit Nyerere verstand, fiel 1974 einem Attentat zum Opfer. Die islamische Infiltration setzte massiv ein, bis es plötzlich hiess, Tanzania sei zu über 50% islamisch, sodass die Politik gezwungen wurde und Tanzania dem Islamischen Weltbund beitreten musste. Tanzania gewährte allen Befreiungsbewegungen stets eine Form von Asylrecht.



Kenya, Uganda und Tanzania
formten einst das Ostafrikanische Bündnis EAA auf der Grundlage der Suaheli – Sprache. Uganda war stets ein Spielverderber.



Sudan

Im christlichen Süden herrschte über 2 Jahrzehnte ein Bürgerkrieg, denn der Süden, der christlich und schwarz ist, wollte ein eigener Staat werden und daher sezessionieren. Die SPLM (südsudanesische People’s Liberation Movement) war stets in sich gespalten. Ihr Führer John Garang schaute meist mehr auf seine Macht als auf eine seriöse Verhandlung mit Khartum. Von der SPLM gab es im Laufe der Zeit bis zu 12 Splittergruppen: Sie kamen und gingen, vereinten sich und entzweiten sich erneut. Das nannte sich „der langwierige Prozess der Befreiung“. Sehr oft sassen die Führer im Ausland, in Nairobi und in Kampala. 2 Abspaltungen unter Lam Akol und Rick Machar, beide hatten gegen Garang geputscht, schlossen sich später der offiziellen Sudanesischen Armee an. Garang Kommentar: „In a guerilla movement power is diffuse.“ Man klagte sich gegenseitig an, Menschenrechte verletzt zu haben. Garang gestand offen, dass es in einem Befreiungskampf keine Demokratie geben könne. Demokratie sei etwas, das später komme. Als Armeechef liess er sich sogar stolz als Diktator bezeichnen. Und fügte gerne hinzu: „We have a revolutionary mandate, not an electoral mandate.”  Bei Friedensverhandlungen etwa in Abuja oder auf dem Bürgerstock/Schweiz hatte man plötzlich das früher Abgemachte vergassen.




Rhodesien/Zimbabwe

Rhodesien war eine typische Siedlerkolonie. Die weissen Grossbauern wollten eine Unabhängigkeit im afrikanischen Sinn vorsehen und erklärten am 11.11.1965 eine einseitige 
Unabhängigkeit, UDI genannt. Rhodesien kannte mehrere Befreiungsbewegungen mit sehr verschiedenen Führern. Von Beginn weg war ganz markant Joshua Nkomo mit ZAPU (Afrikanische Volksunion von Zimbabwe) an der Spitze des Kampfes seit 1962; für die Shona repräsentierte Nkomo als Ndebele aus Bulawayo nicht das neue Zimbabwe. Pastor Ndabiningi Sithole führte die von den Shona dominierte ZANU (Zimbabwe African National Union) an. Die ZANU lehnte sich eher an VR China mit Mao. Als Sithole nach längerem Gefängnisaufenthalt zurückkehrte, hatte man ihn entthront. Bischof Abel Muzorewa, vom ANC geprägt, versuchte die Kämpfer zusammenzuhalten. Doch bald übernahm Robert Mugabe. Man begann sofort dem Kampf von Mocambique aus aufzunehmen.
Nach der Unabhängigkeit 1980 herrschte ein grausamer Dauerkonflikt zwischen ZANU, und ZAPU forderte die Führung. Die ZAPU, eher sowjetisch beeinflusst, gab eich massvoller als ZANU, die mit ihrer Radikalität manche abschreckte. Mugabe manövrierte Nkomo gnadenlos aus. Chenjerai Hove, der wohl renommierteste Schriftsteller Zimbabwes (heute im Exil) sagt: „Die Europäer hatten wenigstens eine Moral mit einer gewissen Logik. Die heutige Regierung kennt keine Moral nur Manöver, um an der Macht zu bleiben.“



Südafrika

kannte zwei Befreiungsbewegungen, den starken ANC, bereits 1912 von einer intellektuellen Mittelklasse begründet, hauptsächlich aus Xhosa bestehend, und PAC, der sich 1959 unter Robert Sobukwe vom ANC trennte, weil der ANC ihnen zu unentschlossen vorkam . Der African National Congress und der Pan Africanist Congress hatten ganz verschiedene Ausrichtungen. Beim ANC waren stets stark die Gewerkschaften und die kommunistische Partei vertreten. Es gab laufend Abspaltungen wie Inkatha Freedom Party (Zulu dominiert) oder auch dynamische Erneuerungen wie das Black Consciousness Movement ab 1970 unter Steve Biko. Die wichtigste Persönlichkeit des ANC war Nelson Mandela, der jedoch 27 Jahre in Gefängnissen sass, u.a. auf Robben Island. Erst 1960 beginnt die eigentliche Kampfzeit.


Nelson Mandela folgte der farblose Mbeki, der vom raubauzigen, aber bei den ärmeren Massen populäre Jacob Zuma abgelöst wird (2010). Zuma hat 10 Jahre Robben Island hinter sich. Er versucht sich als Arbeiter und Praktiker und nicht als Intellektueller zu geben.



Namibia

war dominiert durch die SWAPO (South West African People’s Organisation), gegr. 1960; ihre Basis waren die Ovambo. Ab 1966 beginnt der bewaffnete Widerstand. Am 21.3.1990 wird Südwest unabhängig mit dem neuen Namen Namibia. Der Guerillaführer Sam Nujoma wird erster Präsident. In die neue Verfassung eingebaut: das Staatsoberhaupt kann nur einmal für 5 Jahre wiedergewählt werden. Nujoma war ein sehr autokratischer Präsident.



Zambia

war stets für Guerillakämpfer offen. Kenneth Kaunda stand für die Befreiung Afrikas ein. Seine Unabhängigkeitsbewegung United National Independence Movement und später Party erreichte das Ziel friedlich. Er war ein äusserst empfindsamer und auch emotionaler Politiker. Sein Image sowohl im Westen als erst recht bei den christlichen Kirchen (1968 sprach er auf der Vollversammlung des Weltkirchenrats in Uppsala) war gross.
Als der Gewerkschafter Frederick Chiluba Präsident wurde, setzte Kaunda im Hintergrund eine Intrige nach der anderen gegen ihn in Gang. Der auch nicht wiedergewählte Jimmy Carter setzte sich als Vermittler im Konflikt durch.
Ein sonderbares Detail. 1994 belohnt die ANC KK (Kaunda; alle nannten ihn stets KK) mit einer teuren Mansion im Luxusquartier von Lusaka. Japhet Ndhlovu, the outgoing ANC representative in Zambia, lobte Kaund (KK) bei der Übergabe für seine Unterstützung für den südafrikanischen Befreiungskampf. Das Haus gehörte vorher Alfred Nzo, Gen.sekretär der ANC und jetziger Aussenminister. Gleichzeitg überreichte Ndhlovu verschiedene andere Besitztümer an den zambischen Staat, darunter auch das Transitzentrum für Flüchtlinge und eine Klinik. Das alles laut SA Economist, July 1994.