Gantry 5

Wunder – warum gibt es sie nicht mehr?

Es gibt Wunder sowohl in Legenden als auch in Hl. Schriften.
Warum sind sie dort möglich?
Es gibt gewisse Kulturen und Menschen,
die Wunder noch immer erleben.
Warum?

Für mich sind Wunder nicht nur in Religion oder frommen Umgang im Verhältnis zu Gott zu finden. Wunder haben daher nicht nur mit Gott direkt zu tun, sondern überall dort, wo es Schnittpunkte verschiedener Raum- und Zeit-Verständnisse gibt;
also mit einer durchbrochenen monokulturellen Weltanschauung:
Wunder erleben etwa Menschen, die weder krampfhaft glauben noch stur wissenschaftlich vorgehen. Wunder habe ich in meiner Jugend erlebt, weil das Napfgebiet ein Schnittpunkt von Mythen, verschiedenen Zeiten und Räumen, ein Schnittpunkt zwischen in illo tempore (Mythen) und der harschen Realität (hic et nunc) war.

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Entscheidend ist: Wie wird diese Welt und Realität wahrgenommen?
Kindlich und unvoreingenommen. Mystisch mit weit offenen Räumen.
Mythisch, wo weder Zeit noch Raum die unseren und jetzigen sind.

Kinder, die g’wundrig sind,
erleben Wunder.

Einfache Menschen in Kulturen
mit einem anderen Raum- und Zeitverständnis
erleben Wunder.

Wir haben den Begriff Wunder zu sehr auf die religiöse Ebene eingeschränkt, und damit in den grellen Gegensatz zur Wissenschaft gesetzt; in einem solch eingeengten Denkmuster gibt es keine Wunder. Wichtig kommen hinzu das Interesse, das Vorurteil oder der sog. interest conflict. Wissenschaft wird Interessen abhängig eingesetzt – etwa bei IV- und Krankenversicherungen.

Wir müssen aufbrechen und wieder lernen, dass weder Glaube auf der einen Seite noch Wissenschaft andererseits ALLES umfassen. Bei beiden gibt es unendlich grosse Zwischenbereiche. Dort finden noch Wunder statt.

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Wir haben in der Dialekt-Sprache einen Ausdruck,
der uns hilft, etwas von Wunder zu begreifen:
Es ist dies das Wort g’wundrig.

Menschen, die vorurteilslos und ohne bereits vorgegebene Erwartungen an Welt herangehen, noch kein Schema oder bereits einen Erklärungsrahmen im Kopf haben,
sind g’wundrig.
Sie suchen nicht nur nach einer Bestätigung von bereits für sich Festgelegtem.
Man nennt diese Haltung Ehrfurcht.
Sie sind bescheiden.
Sie wissen, dass wir in dieser Welt und erst recht im Kosmos
nicht alles erklären können.

So finden wir auch heute noch Phänomene,
die unentdeckt sind.
Ab und zu können wir daher lesen:

  • Forscher entdecken am CERN ein neues Teilchen; oder
     
  • Tauben orientieren sich doch am Erdmagnetfeld.

Beide Nachrichten am gleichen Tag, am 28. 4. 2012, in der Zeitung TA.

Offenheit –ohne Vorurteile –
neugierig, g’wundrig;
wir erleben Aussergewöhnliches, also vielleicht Wunder.

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Es handelt sich immer wieder um Schnittpunkte zwischen Gewöhnlichem und Aussergewöhnlichen;
um Überschneidungen von uns noch unbekannten Phänomenen; immer am Schnittpunkt der Wahrnehmung. Wir haben alles auf den Verstand eingeschränkt; die Seele als Wahrnehmungsorgan ist verdächtig und abschätzig als Einbildung abgetan. Wir vergessen, dass der Mensch 5 Sinne hat und daher wahrnimmt mit Augen, Ohren, Nase, Mund und Haut (Poren).

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Beispiele: in Minigeschichten vorgestellt.

1. Wie lange brauchte die Wissenschaft
bis sie das Pendeln ernst nahm;
bis sie Wasseradern zugestand;
bis sie seriöser an Ausstrahlung von Elektrizitätsleitungen heranging;
noch immer will sie Schädeltraumata nicht existent wissen.

2. Das Gleiche trifft auf die Religion und den Glauben zu:
Auferstehung Christi musste ein Wunder sein;
seine Himmelfahrt – ein Wunder;
seine Höllenfahrt – ein wirkliches Wunder?

3. In Afrika erlebte Wunder:
Menschen konnten in Trance in fremden Sprachen sprechen; die Analyse zeigte, es waren frühere Sprachen ihrer Urahnen bis zu 1000 Jahre zurück;
Heiler konnten in der Nacht in weite fernen schweben und andere besuchen. Wo sie vorher noch nie waren, konnten sie anderntags genau und ins Detail beschreiben; umgekehrt konnte der Besuchte beteuern, er habe im Traum diesen Mann gesehen und mit ihm gesprochen.
Ich habe das Phänomen des Regenmachers erlebt: Er vermochte langsam mit Tanz, Gesang, ekstatischen Schreien Wolken zu holen, um Regen herbeizubeschwören;
aber ich kenne auch einen Menschen in der Ostschweiz, der in der Wüste es regnen lassen konnte – und von der ETH und daraufhin auch von der DEZA verlacht wurde. Man distanzierte sich von ihm, weil man doch nicht Spinnern etwas so Seriöses wie Entwicklung betreiben wollte.

Vielleicht ist das gerade der Punkt, warum Entwicklungshilfe so wenig Erfolg hat; die anderen Welten werden nicht einbezogen, weil Entwicklung Aufklärung sein soll.
Weil seit meiner Jugend an Wunder glaubte, verstand ich mehr von der Welt; verstand sie besser als andere. Auch hier befinden wir uns an einem Schnittpunkt, wo es noch Wunder gibt, die jedoch nicht wissenschaftlich erklärt sein wollen.

Wer g’wundrig lebt, erlebt manches, das niemand momentan erklären kann; und das sind für mich Wunder.

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Al Imfeld©
Predigt an Christi Himmelfahrt
an der Thomas-Kirche, Bern-Liebefeld
17. Mai 2012