Reis Blues
Die folgenden Gedichte entstanden auf verschiedenen Asienreisen zwischen 1966 und 2000. Reisfelder und der servierte Reis sind wahrlich Abbilder der verschiedenen Kulturen. Das war meine Einsicht. Vielleicht jedoch liest ein Dichter manches in Reisfelder und Reisschalen hinein.
Diese in Notizbüchern zerstreuten Reisgedichte habe ich zwischen 2003 und 2004 etwas überarbeitet und um sie vor dem (Papier-) Verfall zu retten in den PC geschrieben.
1. Indonesien
Diese Reis Terrassen
rund um Bandung
Treppen um den Berg herum
oder doch Girlanden
zur Krönung
einer ewig neuen Zeit
hoch zu den Sternen
wo es zwischen Galaxien
terrassierte Felder gibt
Reis für alle
Reis wie Honig
Fisch mit Reis
2. Japan
Er scheffelt Reis
gedankenlos ins Maul
schaufeln fressen respektlos
hast du Japans Massen
beim Essen zugeschaut
glaubst du
ihr Reis hat ausgedient
schau ihn dir in Vitrinen
mancher Supermärkte an
aus Plastik protzt er da
türmt in der Schale sich
als winde er vor Gram sich
hör wie sie klagen
seit dem Krieg derselbe Reis
mit alter Last
geschmacklos
riech ihn dir
schmeckt wie Politik
man isst die Subvention der Bauern
keinen wirklichen Reis
versteinerte Körner
ihr Reis hat ausgedient
3. Japan
Esst euren Reis
Kein Reis wird importiert
Japan ist gross
Versorgt sich selbst
Menschen klagen
Warum keinen Basatireis
etwas Farbe täte wohl
warum nur den eignen?
Der Staat sagt
Wir haben das Beste
Das Volk schimpft
Wir haben nie fremd gegessen
Wer nur das Eigene isst und kaut
Weiss nicht
Was andere haben
Gerade deshalb
will ich es kosten
4. Japan
Wenn Bauern ihr Volk
zwingen
nur ihren Reis zu essen
isst das Volk
keinen Reis
sondern Selbstbetrug
zuviel verstaubter Nationalwahn
Spüren Bauern nicht
dass ihr Reis unendlich bitter schmeckt
selbst Reis
will Fremde haben
5. Nordkorea
Dieser Reis ist fad
lieblos klebrig
ohne Freiheit
falscher Kitt
nichts strahlt er aus
ausser Niedergeschlagenheit
keine Welt bloss Enge
kein Korn nur Mus
lieblos klebrig
6. Nordkorea
Noch nie ass ich
so fahlen Reis wie
in Koreas Norden
was noch schmeckt
Kimchi
Penetrant es schreit
Was ich hier ass
waren Schreie Traurigkeit
der Reis klagte weinte
nur der von aussen kommt
als Hilfe
lässt etwas Ferne schmecken
7. Laos
Am Mekong
sitzen Frauen Kinder
waschen Schalen leer von Reis
schwatzen trinken ab und zu
Kinder spielen schreien
ein Schluck Wasser aus der Schale
von der Mutter
das Wasser
das weiter fliesst
ins Meer
verdunstet rasch
zur Wolke
und überall
mit dabei
etwas Reis
Reis in allem
alles ist Reis
selbst in der Armut
8. China 1966
Kulturrevolution ja
Denn so wie diese Chinesen
ihren Reis einschaufeln
kommen sie den Yankees nahe
ganz lieblos mit dem Reis
begossen
mit Sojasauce dezi-weise
gleich dem US Ketchup über allem
das sei die neue Kultur
schön essen sei bourgeois
und der Respekt vor dem Reis?
Wer den Reis nicht ehrt
verachtet auch die Menschen
&&&
Al Imfeld©
2004